VERÖFFENTLICHT AM 1. JUNI 2022
von KLAUS OBERRAUNER

Ein Vertigo des Lebendigfühlens – Eine Gedankennotiz zur Uraufführung „Ka l eidokop der Leidenscha f t“ des Ensemble21.
Bruchstücke. Eines Lebens. Zerbrochen. Im Moment. In Buntheit. In Schärfe. In Zartheit. In Hoffnung. Heute lockt das Theater. Im Wiener Sonnwendviertel. Seine frühlingshafte Freude. Ein phantastischer Platz. Des Ausprobierens. Für neue Ideen. Ein phantastischer Platz, sich mit Übergewöhnlichem auseinanderzusetzen. Dem Ermalen von Erscheinungen.
„Ka l
eidoskop der Leidenscha f t“ steht auf dem
Plakat, „Musik-Poesie“ des Ensemble21 . Ich gehe. Ohne
Erwartungen. Ohne mehr zu wissen. Neugierig. Und das ist gut.
Klangschwebe. Etwas schwarz. Laute. Biegsam. Was ist das Leben? Keine Schnurstrackslinie. Ein buntes Nebeneinander von Wahrnehmungen, Selbsterfahrungen, Weggefährtenimpulsen, Freiheitshoffnungen, Tagträumen, Enttäuschungsschatten, Schmerzstichen, Trostlinien. Ein Körper, der sich den Verdrehungen hingibt.
Schauspielerin Rita Luksch schwingt mit einfühlsamer Tiefe hinein. In das feingliedrige Kammerstück. Getragen und umzeichnet von den ergreifenden Klanggebilden des facettenreichen Musikers Georg O. Luksch.
Die Intimität der zu Herzen gehenden Wortgemälde
der beeindruckenden bulgarischen Künstlerin Gergana Popova, die in der von Erich Heyduck so trefflich realisierten
Projektion verschmelzen, vermengen sich mit dem Werden einer Frau, die sich
eines Tages wünscht, Schauspielerin zu werden. Um nicht nur ein Leben, sondern
mehrere haben zu können. Rita Luksch zeichnet aus ihrem Gang durch das Werden.
Klar. Kunstvoll. Barfuß. Leicht und da zugleich. Tanzend. Ergreifend und mit
Humor. Auch beim Begegnen einer Gesellschaft, die die Frage hinterlässt: Bin
ich anders oder die anderen? Verzerrungen.
Sich darauf einlassen. Auf das Leben. Auf das Entgrenzen. Auf den Blick darüber hinaus. Auf das Zusammenführen. Wieder Auseinanderbrechen. Wieder Zusammenführen. Auf das Entgrenzen von Farben, Klängen und Worten. Damit sie eins werden können. Und heute erzählen können. Und morgen wieder neu. Ein Vertigo des Lebendigfühlens.
Eine Stückkomposition, die mich
begeistert zurücklässt. Kein Alltagstheater. Eine beeindruckende und von Anfang
an immer mehr in sich hineinziehende Gefühls- und Gedankenwelt. Voller
Überraschungen. Freuden. Und am Ende Liebe. Eine entgrenzende Fülle, die das
Leben ist. Ein Drehen und Wenden. Und ein Weiter. Neues, frisches Theater aus
dem Sonnwendviertel.
Das „Ka l eidoskop der Leidenschaft“ ist auch als musikalisches Hörbuch auf CD
erschienen.